Wir hatten 2018 auf der Palladian Odyssey zwar über eine Fortsetzung gesprochen, aber ich hätte frühestens in zwei Jahren damit gerechnet. Umso größer war meine freudige Überraschung, als für 2019 eine Tour in Umbrien angeboten wurde. Abgesehen von einer grandios organisierten Reise (dank Mike) und den sensationellen Workshops (dank Liz) würde ich auch einige liebe Bekannte wiedersehen, worauf ich mich aufrichtig freute. Das erste Zusammentreffen in Florenz war fast wie der Beginn einer Familienfeier.
Vor vielen Jahren war ich in New Hampshire und stellte fest: "Wir sind über 6.000 Kilometer geflogen, nur um durch eine Gegend zu fahren, die aussieht wie das Bundesland Salzburg." Genau das fiel mir ein, als ich jetzt erstmals in Umbrien war. (Selbstverständlich gibt es sowohl in New Hampshire als auch in Umbrien ganz viele schöne Orte, die absolut nicht so aussehen wie die österreichische Berglandschaft, aber auf den ersten oberflächlichen Blick gibt es Ähnlichkeiten.) Die Touristenmassen haben diesen Teil Italiens (noch) nicht entdeckt. Vielleicht weil schon ein kleiner Spaziergang recht beschwerlich sein kann. Prinzipiell geht man steil bergauf, damit man steil bergab gehen kann. Ich habe keine Idee, wie die Leute sich fortbewegen, falls es Glatteis geben sollte – wahrscheinlich mit Pickel und Steigeisen.
Obwohl ich viel mehr zeichnete als letztes Jahr, war es diesmal weniger anstrengend, weil wir eine Woche lang im selben Hotel in Montone blieben. Ein Städtchen wie aus einer italienischen Postkartenidylle: verwinkelte Gassen, Steinhäuser mit Ziegeldächern, Olivenbäume.
Der perfekte Ort zum Zeichnen, wäre der Mai 2019 nicht einer der kältesten und nässten seit Jahrzehnten gewesen. Wir nutzen jeden noch so kleinen Sonnenstrahl. Liz war brillant wie sie trotz widriger Umstände ein Maximum an "Unterricht" bot. Das war nicht so einfach, denn Licht, Schatten und Tonwerte bildeten einen erheblichen Teil des Inhalts. Wenn gar nichts mehr ging, sorgte Mike stets für einen warmen, trockenen Platz, wo wir wundervoll verköstigt wurden. Ich habe den heurigen umbrischen Trüffelbestand nachhaltig dezimiert.
Letztes Mal stellte sich mein Erfolgserlebnis während des Kurses ein, diesmal konnte ich einige Konzepte erst danach umsetzen. An "Watercolour first" wie bei der Basilika von Assisi bin ich verzweifelt. Ich habe mich wirklich bemüht, weil man doch so viel schneller wäre, würde man gleich mit der Farbe beginnen. Nach etlichen Versuchen kam ich zu der Erkenntnis, ich bin ein "Watercolour last"-Zeichner.
In der Basilika San Francesco wird man von den wundervollen Fresken überwältigt. Da Francesco die Krippentradition begründet hatte und Schutzpatron der Krippenbauer ist, hatte ich mir in dieser Hinsicht sehr viel von Assis erwartet, wurde aber enttäuscht und mußte statt einzukaufen, die hübschen Straßenlaternen zeichnen.
Sehr spannend fand ich die Workshops, in denen es um Landschaftszeichen ging, da ich mit diesem Thema keine Erfahrung hatte. Es war nicht klar, was uns zuerst vertreiben würde: der eisige Wind oder der herannahende Regen. Irgendwie gelang es mir dennoch, mein bis dato größtes Bild überhaupt fertigzustellen. Es erstreckt sich über eine komplette Doppelseite meines Stilman & Birn Skizzenbuchs (20,3 x 25,4 cm).
Die übrigen Landschaften habe ich wieder kleiner gehalten.
Neben den Formaten spielte ich mit den Materialien. Seit langem benutze ich wieder einen Fineliner und natürlich kam auch die Sailor Fude zum Einsatz.
Mein Lieblingsbild ist der Blick über die Dächer von Montone. Zum einem wollte ich schon immer so ein Motiv zeichnen, zum anderen hatte ich das Gefühl hier Etliches vom Gelernten umsetzen zu können, besonders das Malen von Dunkel nach Hell.
Die zweite Palladian Odysse ist wieder viel zu schnell vergangen. Es ist kaum zu glauben, wie viel man bei Liz lernt. Sie gibt einem ständig das Gefühl, sie wäre nur für einen selbst da, kümmert sich aber gleichzeitig um jeden Teilnehmer. Und natürlich hatten wir jede Menge Spaß. Ich habe mich schon so daran gewöhnt mit einigen Teilnehmern eine gemeinsame Woche zu verbringen, daß ich gar nicht weiß, wie ich nächstes Jahr meinen Urlaub ohne sie gestalten soll.