Nicht, daß ich einen Grund bräuchte um nach London zu fahren (Es zählt zu den Orten, die ich immer wieder besuchen kann.), doch heuer gab es tatsächlich einen Anlaß: ich hatte Theaterkarten. Theaterbesuche in London sind grundsätzlich ein Erlebnis, weil vieles so ganz anders ist, als ich es kenne. Während man eine solche Professionalität auf und hinter der Bühne hierzulande seit Jahren vergeblich sucht, herrscht davor das Chaos. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn ich mit dem Mantel in der einen Hand und einem Weinglas in der anderen versuche den Zuschauerraum eines österreichischen Theaters zu betreten. Für das englische Publikum ist das völlig normal. Auch verblüffen mich diese kurzen Vorhänge nach der Vorstellung. In Wien wird das Verbeugen zelebriert und nicht selten sogar eigens inszeniert (Ich weiß wovon ich schreibe, ich habe es etliche Male hautnah erlebt.) In London ist es schneller vorbei, als man aufstehen und seine Jacke anziehen kann.
Ende April flog ich also in die englische Hauptstadt und sah Harold Pinters Betrayal mit Tom Hiddleston. Wahrscheinlich die überwältigendste und beeindruckendste schauspielerische Leistung, die ich bis dato je erleben durfte.
Tagsüber habe ich Etliches besichtigt, was schon seit Jahren auf meiner Liste stand wie die Southwalk Cathedral oder Aspley House. Einen halben Tag widmete ich Christopher Marlowe und fuhr nach Deptford. Während ich auf den Zug wartete, hatte ich 7 Minuten Zeit für eine schnelle Skizze von St. Paul’s.
Im 16. Jahrhundert war Deptford dank der Werften ein pulsierender Ort – habe ich zumindest gelesen. Heute konnte ich vor allem eines im Überfluß entdecken: Nagelstudios. Nach einem Fußmarsch vom Bahnhof erreichte ich St Nicholas, die Kirche auf deren Friedhof Christopher Marlowe 1593 beerdigt wurde.
Man weiß nicht, wo genau sich seine sterblichen Überreste befinden, aber sie ruhen sehr idyllisch.
Die restliche Zeit verbrachte ich mit Spazierengehen, einem Besuch in der National Gallery und im Imperial War Museum, das gegenüber meinem letzten Besuch (vor zugegeben ca. 20 Jahren) sehr an Attraktivität verloren hat. Und vor dem Heimflug erfüllte ich mir einen weiteren langgehegten Wunsch: Afternoon Tea.