Ohne Kamera auf Torcello

Der Entschluss ist mir nicht leicht gefallen. Ein selbstgebundenes Skizzenbuch aus Moleskine-Papier in Größe A5, Aquarellstifte, Malkasten, Pinseln, Fineliner und Füllfeder aber kein Fotoapparat würden mich für eine Woche nach Torcello begleiten.

Dieses Haus steht am – nennen wir es – Hauptplatz von Torcello. Ich kenne es nur mit verschlossenen Läden und habe noch nie gesehen, dass es jemand betritt oder verlässt. Obwohl die EF-Feder auf meiner Lamy fast neu ist, finde ich die Linien zu dick. Außerdem hatte ich trotz verdünnter De Atramentis Tinte vermehrt Probleme mit dem Tintenfluss.

Auch bei diesem Sketch von der Uferpromenade sind die Umrisslinien zu prominent. An dieser Ansicht reizt mich weniger das Motiv als der Kampf mit den unterschiedlichen Fluchtlinien, den ich immer verliere. Dafür ist der Platz sehr praktisch, da ich im Garten des Hauses, das ich jedes Jahr miete, sitzen kann.

Für den Rest der Sketches blieb die Lamy-Füllfeder daheim. Im Vorjahr kämpfte ich mit schwarzen Schlieren der angeblich wasserfesten Fineliner. Heuer fand ich eine Lösung. Von nun an zeichnete ich mit einem Aquarellstift vor, ging dann zum Kolorieren über und zog die Umrisslinien erst, nachdem die Farbe getrocknet war. Für die Südansicht der Basilica di Santa Maria Assunta verwendete ich einen Stift der Marke Muji in der Stärke 0,38. Das war mein Morgensketch, bei dem ich mich weit in die Botanik zurückzog, wo ich von Gelsen und einem sabbernden Basset attackiert wurde.

Die Kirche Santa Fosca ist das von mir am häufigsten gezeichnete Gebäude. Normaler Weise sitze ich vor der der Westseite. Heuer war ich abenteuerlustig und versuchte es von der Nordseite, die zugegebener Maßen nicht viel anders aussieht. Hier kam mein Feinminenstift von Otho zum Einsatz. Er fühlt sich eher an wie ein Kugelschreiber, entwickelte sich aber zu meinem neuen Lieblingswerkzeug.

Wie bringe ich die unterschiedlichen Ziegelfarben am besten aufs Papier? Diese Frage beschäftigt mich bei jedem Italienaufenthalt. Hier habe ich es mit dezenten Farbtupfern in die nasse Farbe probiert.

Kaum zu glauben, doch ich hatte bis dato noch nie eine Vorderansicht der Basilica gezeichnet.

Torcellos weniger prominente Brücke ist die Ponte di Santa Maria. Dafür besann ich mich auf die Sailor Fude, die ich viel zu selten verwende. Sie kommt mit der Tinte besser zurecht und die unterschiedlichen Strichstärken beleben jeden Sketch.

Bei mir zu Hause hängt ein alter Druck, der die Ostseite der Piazza Santa Fosca zeigt. Heutzutage ist es schwer genau diese Ansicht zu zeichnen (oder fotografieren), weil viel mehr Bäume und ein Souvenirstand im Weg stehen.

Schon lange habe ich nicht mehr so viel gezeichnet, wie in dieser Woche. Die Entscheidung den Fotoapparat nicht mitzunehmen, erwies sich als absolut richtig.

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