Ich hab 2020 gar nicht gewagt es zu erzählen und erst recht nicht zu schreiben, aber ich war auch in diesem Jahr in Venedig. Niemand konnte sich erinnern, wann je so wenige Touristen in der Stadt gewesen waren. Das Wasser in den Kanälen war von unbekannter Klarheit. Geschäfte und Lokale freuten sich über jeden einzelnen Besucher. Das Anstellen für die Fahrt auf den Campanile dauerte weniger als 5 Minuten und auf der Piazza San Marco spazierten weniger als 50 Personen.
Corona hin oder her, Venedig wirkte richtig erholt. Die Stadt sollte sich alle zwei Jahre eine Auszeit gönnen. (Ja, die Schattenseiten dieses Vorschlags sind mir durchaus bewusst.)
Meine Venedig-Reisen beginnen und enden immer mit einem Blick auf San Simeon Piccolo, die Kirche gegenüber des Hauptbahnhofs. Vormittags liegt sie leider im Schatten.
Ganz offensichtlich habe ich mit Kuppel so meine Probleme, weshalb ich mir für die nächste Zeichnung eine andere Kirche aussuchte. Dazu fuhr ich zu einem meiner Lieblingsplätze in der Stadt. Es war 2017. Im Mai herrschte bereits sommerliche Hitze, ich war durstig, müde und genervt von den Touristenmassen, als ich mich zum ehemaligen Wohnhaus von Tintoretto bzw. einig Schritte weiter bis zu seinem Grab schleppte. Sobald ich Madonna dell’Orto betreten hatte, umfing mich ein angenehme Kühle und diese heilige Ruhe, wie sie auch Torcello ausstrahlt. Es waren kaum Leute in der Kirche. Ich setzte mich in einen Bank, ließ den Innenraum auf mich wirken und wurde zusehends entspannter. Seither beruhigt mich alleine der Anblick der Kirche.
Bis jetzt habe ich keine Stelle gefunden, von der man die Front und den Campanile zeichnen kann. Der kleine Vorplatz ist dafür zu eng. Für diesen Blick auf den Campanile musste ich mich in einen Hof der benachbarten Wohnsiedlung setzen.